Donnerstag, 30. Juni 2016

Gastrezension von jenvo82 zu "Rabenfrauen" von Anja Jonuleit




Preis: € 14,90 [D]
Einband: Softcover
Seitenanzahl:  400
Altersempfehlung:
Verlag: dtv
Weitere Infos zum Buch + Bildquelle

„Doch das Allerschlimmste war der Verrat an ihr und die Tatsache, dass ich ihr einfach nicht die Wahrheit gesagt habe damals. Denn vielleicht hätte die Wahrheit ja alles verändert.“
Inhalt
Die beiden Freundinnen Christa und Ruth, helfen wie jedes Jahr beim Kartoffelkäfersammeln, um sich ihr Taschengeld aufzubessern, doch im Sommer 1959 lernen sie bei dieser Arbeit den attraktiven Erich kennen, der sie einlädt, mit ihm und seiner Ferienfreizeit nach getaner Arbeit einen schönen Abend zu verbringen. Die nächsten Wochen vergehen für beide wie im Flug und sie verlieben sich in den gleichen Mann. Während Ruth versucht, ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, nachdem sie mit Erich geschlafen hat, geht Christa voll und ganz in der Missionsarbeit der Gruppe auf und gesteht ihrer Freundin, dass sie sich unsterblich in Erich verliebt hat. Als die Gruppe um Paul Schäfer ihre Zelte abbricht, beschließt Christa, sich der christlichen Glaubensgemeinschaft anzuschließen und ein Leben mit ihrer großen Liebe zu führen. Doch schon bald ziehen dunkle Schatten auf, denn die Inhalte der Sekte, die später nach Chile auswandert und sich dort Colonia Dignidad nennt, sind menschenverachtend und grausam. Doch als Christa das endlich erkennt, ist es für sie selbst zu spät …
Meinung
Dieser Roman konnte mich auf ganzer Linie begeistern, denn er führt den Leser tief in die Thematik einer fanatischen Glaubensgemeinschaft ein und zeigt am Beispiel von zwei jungen Frauen, wie schmal der Grat zwischen Entkommen und Gefangensein verläuft. Angefangen vom langsamen Abdriften in den Halt einer Sekte, bis zum Erkennen der bitteren Realität. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart entwirft die Autorin das Bild einer grausamen Sekte, deren Grundsätze von absoluter Arbeitsausbeute bis hin zu Körpermisshandlung manifestiert sind. Und deren selbsternannter Anführer Paul Schäfer, eine Gruppe von ca. 300 Menschen dazu bringt, ihr „normales“ Leben aufzugeben und alle Brücken hinter sich abzubrechen um in Chile einen totalitären Staat einzurichten, in dem Überwachung, Verfolgung und Gewalt an der Tagesordnung sind. Besonders gut gefallen hat mir die Schilderung aus drei Erzählperspektiven, die man sehr gut auseinanderhalten kann und die intensive, interessante und informative Erzählweise, die stellenweise an ein Sachbuch erinnert. Anja Jonuleit hat hier ein bewegendes deutsches Thema aufgegriffen und mit biografischen Erfahrungsberichten und einer gut recherchierten Geschichte kombiniert.
Fazit
Ich vergebe 5 Lesesterne und eine absolute Leseempfehlung für alle, die auf der Suche nach einem abwechslungsreichen Roman, mit nicht ganz alltäglicher Handlung sind und die sich für Geschichte aber auch für das Menschsein ganz allgemein begeistern können. Dieser Roman greift Themen wie Zugehörigkeitsgefühl und Zusammenhalt genauso auf, wie die Entfremdung von Menschen und Glaubensgrundsätzen und die Unwiderruflichkeit einer Fehlentscheidung. Spannend, informativ und ehrlich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen